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PrävG - Präventionsgesetz im Bundestag beschlossen, Vorschaltgesetz zum PSG II

Aktualisierung am 12.11.2015: Das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention" (kurz: Präventionsgesetz) ist am 24.07.2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Der Gesetzestext hat seit der zweiten und dritten Lesung im Bundestag keine Änderungen mehr erfahren. Das Gesetz tritt nach Artikel 13 - vorbehaltlich des Absatzes 2 - am Tag nach der Verkündung in Kraft.  Der vollständige Gesetzestext ist für Mitgliedsorganisationen nebenstehend als Download verfügbar.
 
 
Der Bundestag hat am 18.06.2015 das Gesetz zur Förderung der Prävention und Gesundheitsförderung in zweiter und dritter Lesung mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Ebenso wurden die 22 Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen mit verabschiedet. 

Mit dem Präventionsgesetz wurde das so genannte Vorschaltgesetz zum PSG II verabschiedet, mit dem bereits auf Grundlage des NBA neue Richtlinien zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit durch den MDS erarbeitet werden sollen (s. nebenstehend verlinkte Artikel). Ferner war zu erfahren, dass der Referentenentwurf zum PSG II in der Ressortabstimmung ist und dennoch mit einem Entwurf vor der Sommerpause einschließlich einer Verbändeanhörung zu rechnen sei.


Als Download hinterlegt sind der Bericht und die Beschlussempfehlungen des Gesundheitsausschusses vom 17.06.2015 und die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen sowie die Anträge der Opposition. 
 
Der Paritätische Gesamtverband hat den Beschluss des Bundestages als richtigen und wichtigen Schritt begrüßt. Nach jahrzehntelangem Ringen und mehreren gescheiterten Gesetzesanläufen ist es gelungen, die gesellschaftliche Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung stärker in das politische und öffentliche Bewusstsein zu rücken. Zugleich wurde aber auch auf einige kritische Punkte hingewiesen. Aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes fehlen nach wie vor konkrete Maßnahmen, um die gravierende sozial bedingte gesundheitliche Chancenungleichheit in Deutschland nachhaltig zu reduzieren. Das Gesetz beschränkt sich im Kern auf Prävention der Krankenkassen. Wichtige Akteure wie zum Beispiel Bund, Länder und Gemeinden werden somit nicht wirklich in die Verantwortung genommen werden. Der wesentliche Fortschritt wird aber darin gesehen, dass Prävention in Lebenswelten, also in Kitas, Schulen, Betrieben, Pflegeeinrichtungen und Stadtteilen, ein stärkeres Gewicht als Kurse zur Verhaltensänderung erhalten soll. 
 
Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungen, die von den Koalitionsfraktionen vorgenommen und beschlossen worden sind, zusammengefasst: 
 
§ 20 - Primäre Prävention und Gesundheitsförderung 
 
Abs. 2: Der Spitzenverband der Krankenkassen soll neben der bereits benannten Einbeziehung unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen nun auch "psychotherapeutischen, psychologischen (...)" Sachverstand einbeziehen. 
Diese Ergänzung ist zu begrüßen, denn diese relevante Expertise fehlte bislang im Gesetzentwurf. 
 
Abs. 3: Das neue Gesundheitsziel "Alkoholkonsum reduzieren" ist ergänzt worden. 
Die Aufnahme des im April 2015 vom Kooperationsverband gesundheitsziele.de vereinbarten Gesundheitsziel "Alkoholkonsum reduzieren" ist grundsätzlich zu begrüßen. Mit der Ergänzung wird ein weiterer zentraler Risikofaktor für die Entstehung nicht übertragbarer Krankheiten (neben den bereits im Gesetzestext genannten) aufgenommen. 
 
Abs. 6: Ebenfalls begrüßen wir die dahin gehende Präzisierung, was mit den finanziellen Mitteln geschieht, die von den Krankenkassen im laufenden Jahr nicht ausgegeben worden sind. Diese müssen dann im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung gestellt werden: "Unterschreiten die jährlichen Ausgaben einer Krankenkasse den Betrag nach Satz 2 für Leistungen nach § 20a, so stellt die Krankenkasse diese nicht ausgegebenen Mittel im Folgejahr zusätzlich für Leistungen nach § 20a zur Verfügung". 
 
Artikel 1/2 - SGB V: 
 
§ 20a - Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten 
 
Abs. 3: Änderung der Vergütung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Aufwendungen, die die Behörde zukünftig für Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten (Koordination und Qualitätssicherung) erhält, wird von 0,50 Euro auf  0,45 Euro abgesenkt. Dies entspricht einer Kürzung von rund 3, 5 Millionen Euro. 
 
§ 20e - Nationale Präventionskonferenz 
 
Abs.1: Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesagentur für Arbeit, die repräsentativen Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie das Präventionsforum (das ist neu) entsenden jeweils einen Vertreter in die Nationale Präventionskonferenz. Diese Änderung ist zu begrüßen, da somit auch das Präventionsforum einen Vertreter/in, wenn auch nur mit beratender Stimme entsenden kann (z.B. Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung/bvpg). Auf diese Weise kann eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der Nationalen Präventionskonferenz und dem Präventionsforum hergestellt werden. 
 
§ 20h - Förderung der Selbsthilfe 
 
Die Ausgaben für die Förderung der Selbsthilfe werden wie folgt erhöht (§ 20h SGB V- neu): Zur Stärkung der Selbsthilfe sollen die Ausgaben der Krankenkassen und ihrer Verbände zur Förderung von Selbsthilfegruppen und -organisationen sowie Selbsthilfekontaktstellen im Jahr 2016 je Versicherten von derzeit 0,55 Euro auf 1,05 Euro erhöht werden. Diese Änderung ist zu begrüßen und entspricht unserer Forderung. 
 
§ 25 - Gesundheitsuntersuchungen 
 
Abs. 1: Versicherte haben nach Vollendung des 18. Lebensjahrs einen Anspruch auf bestimmte Gesundheitsuntersuchungen (Leistungen zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten) sowie auf ärztliche Präventionsempfehlungen. Diese wird in Form einer ärztlichen Bescheinigung erteilt. Neu hinzugekommen sind "sonstige qualitätsgesicherte Bewegungsangebote in Sport- und Fitnessstudios (...)". Hierzu zählen künftig auch Kurse zur Verbesserung der Ausdauer sowie der Dehn- und Koordinationsfähigkeit. Wenn diese Kurse nach § 20 Abs. 5 zertifiziert sind, können diese auch von den Krankenkassen unterstützt werden. 
 
§ 26 - Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche 
 
Abs. 2: Die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen zur Vermeidung frühkindliche Karies wurden ergänzt. Insbesondere für Kleinkinder wird hier ein besonderer Präventionsbedarf gesehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird verpflichtet, das Nähere über die Ausgestaltung der Früherkennungsuntersuchungen zu regeln. Damit sollen über die bisherige Früherkennungsrichtlinie hinaus, die ab dem 3. Lebensjahr vorgesehen ist, schon früher im Kleinkindalter Untersuchungen eingeführt werden, um frühkindliche Karies zu vermeiden. 
 
Artikel 8 - Änderung des Infektionsschutzgesetzes: 
 
Weitere Änderungen betreffen den Impfschutz. Insgesamt soll der Zugang zu Schutzimpfungen niedrigschwellig erfolgen. Mit den Änderungen soll u. A. die Impfberatung verbindlicher gehandhabt werden. Eltern müssen künftig bei der Erstaufnahme ihres Kindes in eine Kita nachweisen, dass sie sich ärztlich beraten lassen haben. Zudem soll es ermöglicht werden, nicht geimpfte Kinder, Lehrer/innen und Erzieher/innen aus Kindergärten, Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen bei beispielsweise Masernausbrüchen auszuschließen. Diese Maßnahme ist als Reaktion auf den Masernausbruch in Berlin zu bewerten. Auch Schutzimpfungen werden zukünftig zu den bonifizierbaren Leistungen der Krankenkasse gezählt (§ 65a SGB V) 
 
Artikel 6 - Änderung des Elften Sozialgesetzbuches: 
 
§ 17a - Vorbereitung der Einführung eines Pflegebedürftigkeitsbegriffs 
 
Diese Änderung ist als Vorbereitung zur Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ("Vorschaltgesetz" zur geplanten Pflegereform/Pflegestärkungsgesetz II) zu bewerten. Die Bundesregierung will noch vor der Sommerpause einen Referentenentwurf zum Pflegestärkungsgesetz II vorlegen. 
 
 
Der zweite Durchgang im Bundesrat zum Präventionsgesetz  findet am 10.07.2015 statt. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig und tritt am nach der Verkündung voraussichtlich am 01.01.2016 in Kraft. 
 
 
Pressemeldung des Gesamtverbandes vom 18.06.2015: Präventionsgesetz: Paritätischer begrüßt Gesetz als richtigen und wichtigen Schritt

Als wichtigen Schritt begrüßt der Paritätische Wohlfahrtsverband das neue Präventions- und Gesundheitsförderungsgesetz. Auch wenn die geplanten Maßnahmen insgesamt nicht ausreichend seien, um die gravierende sozial bedingte gesundheitliche Chancenungleichheit in Deutschland nachhaltig zu reduzieren, so markiere das Gesetz dennoch einen Meilenstein auf dem Weg in die richtige Richtung. Nach jahrzehntelangem Ringen und insgesamt drei gescheiterten Gesetzesanläufen sei es endlich gelungen, moderne und wirksame Formen der Prävention als Regelfall ins Gesetz zu schreiben.
 
„Natürlich hätten wir uns an vielen Stellen weitergehende Reformen gewünscht und sind enttäuscht, dass sich das Gesetz im Kern auf die Prävention durch Krankenkassen beschränkt und damit wichtige Akteure wie zum Beispiel Bund, Länder und Gemeinden nicht wirklich in die Verantwortung genommen werden. Der wesentliche Fortschritt besteht aber darin, dass künftig die Prävention in Lebenswelten, also z. B. in Kitas, Schulen, Betrieben, Pflegeeinrichtungen und Stadtteilen Vorrang vor Kursen zur Verhaltensänderung hat. Denn diese Kurse erreichen kaum sozial benachteiligte Menschen. Mit dieser Weichenstellung können endlich wissenschaftlich fundierte Strategien aufgelegt werden, von denen die zentralen Zielgruppen real profitieren“, so Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Gesundheitswissenschaftler und Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes. „Der Zusammenhang von sozialem Status und Gesundheitszustand ist eindeutig belegt. Um gesundheitliche Chancengleichheit herzustellen, müssen die Menschen dort gefördert werden, wo sie sind“, so Rosenbrock.
 
Das Gesetz markiere im Ergebnis einen Anfang und eine gute Basis, auf der man nun mit vereinten gesellschaftlichen Kräften aufbauen müsse. Auch in der betrieblichen Gesundheitsförderung müsste beispielsweise künftig mehr auf gesundheitsförderliche Strukturen statt auf Verhaltensprogramme gesetzt werden. Auch in Wohnumfeld und Sozialraum könne viel bewegt werden, wenn die Betroffenen an der Planung und Durchführung der Projekte direkt beteiligt werden, um ihre Umwelt mehr nach ihren eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Hier könne und werde sich die freie Wohlfahrtspflege mit ihrer Expertise gerne engagiert einbringen. „Es geht um nicht weniger als das möglichst gute, möglichst lange und gesunde Leben aller Menschen in unserer Gesellschaft – unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Hier sind wir alle gefragt“, so Rosenbrock.

Quelle:http://www.der-paritaetische.de/startseite/artikel/news/praeventionsgesetz-paritaetischer-begruesst-gesetz-als-richtigen-und-wichtigen-schritt
 

Verknüpfte Artikel:

PrävG - Anhörung im Ausschuss für Gesundheit "Experten: Prävention breiter verankern"

PrävG - Entwurf einer Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbandes zum Referententwurf Präventionsgesetz 

PSG II - Anhörung zum Pflegebegriff im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 20.5.2015 - Vorzieregelung zum PSG II im PrävG 

Downloads:

pdf 150724_PraevG_Bundesgesetzblatt (604 KB)

 

pdf 150617 Beschlussempfehlung Bericht Gesundheitsausschuss (1.35 MB)

pdf 150618 Antrag Grüne 1804327 (146 KB)

pdf 150618 Antrag LINKE 1804322 (143 KB)

pdf 150619 ÄA Koalition Prävention (443 KB)

pdf 150619 Entschließungsantrag Linke 1805267 (845 KB)

Downloads für Mitglieder:

 

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