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Abschlussbericht der Bonato-Kommission zu Transparenzsystemen

FG stat.


Der Paritätische Gesamtverband reichert die Diskussionen um den Weg zur Qualitätserfassung in der stationären Pflege mit einer kommentierenden Information zum Abschlussbericht der „Bonato-Kommission" an. Dabei wird deutlich, dass es nicht nur „um das Prinzip an sich geht", sondern dass gerade auch die Umsetzungsfragen und die Alltagsbelastungen der Praxis, die aus den verschiedenen Ansätzen resultieren (können) eine besondere Kategorie in der nach oben offenen „Bedenkenskala" sind:

Sehr geehrte Damen und Herren,

im November 2010 sind der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V. (VDAB) und der Arbeitgeber- und Berufsverband Privater Pflege e. V. (ABVP) noch vor dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) aus den Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Pflege-Transparenzvereinbarung ausgestiegen und wurden dafür in der Öffentlichkeit stark kritisiert. Mit dem Ausstieg aus den Verhandlungen hatten beide Verbände eine Kommission ins Leben gerufen, die sich unter der Leitung von Professor Marcellus Bonato auf ein neu zu strukturierendes Transparenzsystem verständigen sollte. Der Abschlussbericht der Komission wurde am 27.07.2011 der Fachöffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.

In dem Bericht plädieren die Komissionsmitglieder als Alternative zum jetzigen Transparenzsystem dafür,
• die Pflegewirklichkeit unter Qualitätsgesichtspunkten genau abzubilden. Die im Abschlussbericht des Projektes "Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe" vorgestellten Überlegungen zur gesundheitsbezogenen Ergebnisqualität seien der Schritt in die richtige Richtung, sie sollten Grundlage für ein neues Messsystem sein.
• im Bereich der "Lebensqualität" die Frage zu stellen, ob die Forderung nach einem Vergleich von Einrichtungen bzgl. von Lebensqualität aufrecht erhalten werden sollte. Die Komission empfiehlt demgegenüber eine einrichtungsbezogene individualisierte Messung von Lebensqualität.
• nur Indikatoren der Ergebnisqualität zur Anwendung zu bringen, die pflegesensitiv sind, d. h. auf welche die Einrichtung Einfluss hat.
• folglich in der ambulanten Pflege keine Ergebnisqualität zu messen, da hier bis dato keine entsprechenden Indikatoren existieren, die das Kriterium Pflegesensitivität erfüllen, da der Pflegedienst nur während einer begrenzten Zeit beim Pflegebedürftigen ist.
• auf der Grundlage von Faktoren wie Multimorbiditäten, Schwere einer Erkrankung, Alter u. a., auf welche die Einrichtungen keinen Einfluss hat, eine Risikoadjustierung einzuführen, um einen aussagekräftigen Vergleich zwischen den Einrichtungen zu ermöglichen.
• für die Ergebnisqualität der stationären Versorgung ein Messsystem einzuführen, dass sich am erreichten Pflegeergebnis selbst orientiert und deren Grundlage das interne Qualitätsmanagementsystem sein soll. Es wird vorgeschlagen, vereinbarte Daten an ein externes unabhängiges Institut zu senden, das diese hinsichtlich der Datenqualität prüft, auswertet, klassifiziert und in einem Qualitätsbericht veröffentlicht.
• in diesem Zusammenhang auf das bereits im Krankenhausbereich erprobte Verfahren nach § 137a SGB V zurückzugreifen und auf die Ergebnisqualität in der stationären Pflege anzuwenden, wobei selbiges im Rahmen der Selbstverwaltung für den Bereich der Pflege anzupassen wäre.
• als Grundlage der Bewertung von Pflegeeinrichtungen eine "relative" Bewertung anstelle einer "absoluten" Bewertung umzusetzen.
• auch im Rahmen der Pflege in Analogie zum Prüfinstitut im Krankenhausbereich ein unabhängiges Prüfinstitut einzurichten, damit würde der MDK aus der Prüfung der Ergebnisqualität in der Pflege ausscheiden.
• für ambulante und stationäre Pflegereinrichtungen einen Nachweis der Prozess- und Strukturqualität in Anlehnung an das Verfahren nach § 20c SGB V, wie es im Bereich der stationären Rehabilitation vereinbart wurde, einzuführen. Das zwischen den Partnern der Selbstverwaltung vereinbarte Mindestniveau sollte zugleich auch als Zulassungsvoraussetzung gelten. Um den Standard in den Einrichtungen zu prüfen, könnten sich externe, unabhängige Institutionen bei den Partnern der Selbstverwaltung bewerben. Die Einrichtung könne sich die prüfende Institution selbst aussuchen.
• dass, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Einrichtungen wesentliche Faktoren für die Akzeptanz eines Prüfsystems darstellten, welche entsprechend sicherzustellen seien.

Die Kommission weist darauf hin, das sie darauf verzichtet habe, konkrete Umsetzungsschritte für ein neues, dem gesetzlichen Auftrag entsprechendes System aufzuzeigen. Die sei Aufgabe der Selbstverwaltung. Sie stellt jedoch fest, dass - mit Ausnahme der unabhängigen Prüfung - die neuen Strukturen weitgehend ohne gesetzliche Änderungen einzuführen seien.

Nach einer ersten Durchsicht des von der Kommission vorgelegten Berichtes ist aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes vielen Aussagen der Kommission die Zustimmung nicht zu verwehren. Auch der Paritätische vertritt die Auffassung, dass die geltenden Pflege-Transparenzvereinbarungen nicht nachbesserungsfähig, sondern völlig neu aufzusetzen sind. In diesem Zusammenhang stellt der Paritätische für den stationären Bereich auf die Umsetzung der Ergebnisse aus dem "Wingenfeld-Porjekt" ab. Auch wird die Auffassung geteilt, dass sich Ergebnisqualität in der Form, wie sie von Wingenfeld vorgeschlagen wird, in ambulanten Pflegediensten nicht messen lasse, da die Einrichtungen nur einen geringen Einfluss auf die Ergebnisse in der häuslichen Pflege haben. In diesem Zusammenhang plädiert der Paritätische für den ambulanten Bereich ein gesondertes Projekt durchzuführen, um Indikatoren der Ergebnisqualität im ambulanten Bereich herauszuarbeiten. Auch hat sich der Paritätische schon immer für eine externe Qualitätsprüfung durch unabhängige Institutionen ausgesprochen.

Kritisch zu bewerten ist aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes das hochkomplexe System zur Messung und Darstellung der Pflegequalität, welches zum einen für den Bereich der Ergebnisqualität auf die im Krankenhaus auf der Grundlage des § 137a SGB V zu erstellenden Qualitätsberichte orientiert, zum anderen darüber hinaus einen Nachweis über Prozess- und Ergebnisqualität in Anlehnung an die Vereinbarungen nach § 20c SGB V in der stationären Rehabilitation vorsieht. Der Paritätische hinterfragt, dass es bei einer adäquaten Darstellung von Ergebnis- und ggf. Lebensqualität zusätzlicher Nachweise von Prozess- und Strukturqualität bedarf. In diesem Zusammenhang gibt er zu bedenken, dass die jeweiligen Qualitätsberichtssysteme auch nur in jeweils einem Bereich - Krankenhaus oder stationäre Rehabilitation - gelten. Gerade mit Blick auf die teilweise kleinen Unternehmenseinheiten von Pflegeeinrichtungen kann es nicht sein, dass diese am Ende zwei Systemen gerecht werden sollen. Dies gilt auch für den Vorschlag, dass ambulante Pflegedienste, die hier vorgeschlagenen Nachweise zur Prozess- und Strukturqualität nochmals über ein externes, unabhängiges Institut überprüfen lassen sollen. Auch hier sei nochmals der Hinweis gestattet, dass die Regelugen nach § 20c SGB V gerade nur für stationäre Rehabilitationseinichtungen gelten. Hier wird ein Nachweis- und Überprüfungssystem vorgeschlagen, welches auch mit Blick auf die Wirtschaftskraft ambulanter, aber teilweise auch stationärer Pflegeeinrichtungen zu hinterfragen ist.

Der Abschlussbericht der Bonato-Kommission ist  beigefügt. Für weitere Anregungen und Hinweise zu den Vorschlägen der Bonato-Komission wären wir Ihnen sehr verbunden.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Zentgraff
Referentin für Altenhilfe und Pflege


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Downloads:

pdf Abschlussbericht Bonato Kommission gesamt. ... Pflegequalität auf wissenschaftlicher Basis (1.68 MB)

 

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