logo

GKV-Versorgungsstrukturgesetz - Anhörung am 19.10.2011

Der Paritätische Gesamtverband:

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKVVStG) (Bundestagsdrucksache 17/6906) sowie die Änderungsanträge der Bundestagsfraktionen CDU/CSU und FDP (Ausschussdrucksache 17(14)0190(neu)) waren am 19.10.2011 Gegenstand einer Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages, von welcher wir im Folgenden kurz berichten wollen. Frau Ute Zentgraff hat für den Paritätischen Gesamtverband an der Anhörung teilgenommen.

Wie zu erwarten, ist der Gesetzentwurf unter Verbänden und Experten umstritten. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler nannte den Entwurf „grundsätzlich geeignet", vor allem der ärztlichen Unterversorgung insbesondere in ländlichen Regionen entgegenzuwirken. Seitens des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg wurde dies bestritten. Wer glaube, Unterversorgung beseitigen zu können, ohne ärztliche Überversorgung vor allem in Großstädten „wirksam zu bekämpfen", irre, hielt er dagegen.

Stackelberg forderte, die Kassenärztlichen Vereinigungen zu verpflichten, frei werdende Praxen aufzukaufen, um sie vom Markt zu nehmen. Der Gesetzentwurf sieht ein Vorkaufsrecht für KVen, wenn in überversorgten Gebieten die Nachbesetzung einer Praxis ansteht. Als überversorgt gilt ein Gebiet, wenn das Plansoll für eine Facharztgruppe um mehr als zehn Prozent überschritten wird. Ilona Köster-Steinebach vom Verbraucherzentrale Bundesverband schloss sich der Kritik des GKV-Spitzenverbandes an. Sie bemängelte zugleich, dass die Möglichkeiten zur Zulassungsbefristung in überversorgten Regionen nicht ausreichten.

Der Vorstandsvorsitzende der Ersatzkassen, Thomas Ballast, regte an, sich in dem Gesetzentwurf stärker auf den Nachwuchs zu konzentrieren. Um viele der jährlich neu hinzukommenden rund 5.000 neuen Ärzten für den Beruf des Landarztes zu begeistern, würden die gewählten Ansätze nicht ausreichen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere die geplante Einführung einer so genannten spezialärztlichen Versorgung ohne Mengenbegrenzung. Dies sei für junge Ärzte attraktiver und konterkariere das mit dem Entwurf verbundene Ziel, mehr Ärzte aufs Land zu locken.

Der Einzelsachverständige Wolfgang Spoerr betonte hingegen, die von der Regierung geplanten Maßnahmen seien geeignet, die Stadt-Land-Problematik bei der ärztlichen Versorgung anzugehen. Der Jurist lobte, dass der Entwurf „viel Zuckerbrot und relativ wenig Peitsche" enthalte. Um eine wohnortnahe, flächendeckende medizinische Versorgung sicherzustellen, sollten Landärzte nach dem Willen der Bundesregierung von Maßnahmen der Budgetbegrenzung ausgenommen werden. Normalerweise müssen Ärzte Honorarabschläge hinnehmen, wenn in ihrer Praxis eine bestimmte Zahl an Behandlungen überschritten wird. Davon sollen nun Mediziner, die sich in unterversorgten ländlichen Gebieten niederlassen, befreit werden.

Sowohl die Wohlfahrtsverbände als auch der Deutsche Verein gaben zu bedenken, dass eine flächendeckende wohnortnahe Versorgung eines versorgungspolitischen Gesamtkonzeptes bedürfe. Gerade die Pflege könne aus versorgungspolitischer Sicht eine wesentlichen Beitrag zur Entlastung haus- und fachärztlicher Versorgung leisten. Darüberhinaus wurde seitens der Wohlfahrtsverbände die Sicherstellung und Verbesserung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung von behinderten Menschen und von immobilen Versicherten in ihrer eigenen Häuslichkeit sowie von Versicherten in Pflegeeinrichtungen angemahnt. Die Frage der Delegation ärztlicher Leistungen an die Pflegeberufe war nicht Gegenstand der Anhörung.

Bezogen auf den Änderungsantrag der Bundestagsfraktionen CDU/CSU und FDP, die Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 2 Satz 1 von einer Kann-Regelung in eine Soll-Regelung zu überführen, wurde seitens der Caritas ausgeführt, dass diese Regelung zwar begrüßenswert aber nicht ausreichend sei. Zum einen bedürfe es eine Spezifizierung, wann diese Leistungen zu erbringen seien, zum einen sollte zumindest eine dreimonatige Pflichtleistung gesetzlich festgeschrieben werden. Leistungen darüber hinaus könnten im Bereich der Satzungsleistungen geregelt werden. Auch wäre die häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V neu zu regeln. Zu beiden Bereichen seien in der Stellungnahme konkrete Formulierungsvorschläge vorgetragen worden. Auch der Paritätische hatte diese Sachverhalte in seiner Stellungnahme aufgegriffen, bezogen auf die Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 2 Satz 1 eine Festschreibung des Anspruches als Regelleistung der GKV für alle Versicherten, die ihren Haushalt aus Krankheitsgründen nicht führen können, gefordert. Uwe Deh, AOK-Bundesverband, führte zu den Sachverhalten aus, dass sich Versorgungslücken in der Häuslichen Krankenpflege nicht durch Satzungsleistungen ändern ließen, dies gelte im Übrigen auch für die Einrichtungen der Behindertenhilfe. Wenn Lücken bestehen, dann seien diese in den Leistungskatalog der GKV aufzunehmen. Die Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei aber anders zu bewerten.

In der Anhörung umstritten waren auch die geplanten Änderungen bei den zulässigen Rechtsformen der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Vorgesehen ist , nur noch die Gründung von MVZ als Personengesellschaft oder GmbH zu erlauben. Während der Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht, Helge Sodan, dies als mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnete, bestritt der Einzelsachverständige Reimar Buchner genau dies. Der Berliner Medizinrechtler sagte, darin liege ein nicht akzeptabler Eingriff in die Berufsfreiheit.

Der Anhörung lagen auch Anträge der Fraktionen Die Linke (Bundestagsdrucksache 17/3215) und Bündnis 90/Die Grünen (Bundestagsdrucksache 17/7190) zugrunde. Die Linksfraktion verlangt unter anderem, in der Analyse und Planung des Versorgungsbedarfs und der anschließenden Umsetzung sollten Kriterien wie die Morbidität, die Mobilität und die regionale Infrastruktur integriert werden. Die Grünen wollen unter anderem Vergütungsanreize für Ärzte schaffen, die sich in unterversorgten Regionen niederlassen. Diese seien aber nur dann zu finanzieren, „wenn gleichzeitig auch die erhebliche Überversorgung in manchen Regionen" wirksam bekämpft werde. Auch schlagen die Grünen vor, regionale Gesamtkonferenzen i. S. eines institutionalisierten Dialoges bei der Erstellung der Versorgungspläne mit Beteiligung der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfe, Patientenvertretung, des öffentlichen Gesundheitsdienstes u.a. einzurichten.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Zentgraff
Referentin für Altenhilfe und Pflege


verknüpfte Artikel:

Regierungsentwurf für ein GKV-Versorgungsstrukturgesetz

 

Entwurf Versorgungsstrukturgesetz - 1. Lesung im Bundestag und Bundesrat am 23. 09. 2011

 

Downloads:

pdf pdf Änderungsantrag 1 - GKV-Vers.ges - GKV-VStG, Drs. 17/6906 (577.14 kB)

pdf Deutscher Bundestag, Drs. 17/7190 ...Strukturreform ...patientenorientierte Ges.vers. ... (177.06 kB)

pdf Deutscher Bundestag, Drs. 17/3215 - ... Bedarfsplanung zur Sicherung einer wohnortnahen ...Versorgung (60.16 kB)

 

Downloads für Mitglieder:


pdf


Diese Webseite nutzt Cookies aus technischen Gründen, um Funktionen der Webseiten zu gewährleisten. Indem Sie weiter auf dieser Webseite navigieren erklären Sie sich mit der Verwendung der Cookies einverstanden.

Wir wollen #berlinbessermachen – gemeinsam mit Ihnen! POSITIONEN des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin für ein soziales Berlin

www.wir-sind-paritaet.de

Landesseniorenbeirat Berlin

 

Ein Projekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin e.V.  (c) 2023

Impressum | Datenschutz | Kontakt | Sitemap

Diese Webseite nutzt Cookies aus technischen Gründen um Funktionen der Webseiten zu gewährleisten. Indem Sie weiter auf dieser Webseite navigieren erklären Sie sich mit der Verwendung der Cookies einverstanden.